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                                                                                                                            Wolfram Fischer 

 

 

Belichtung und Reichweitenzuwachs

Diese Thematik hat mich immer sehr interessiert und beschäftigt. Schließlich konnte ich durch die Nutzung des ESO-Programmes „Exposure Time Calculator" (ETC) das reale Fortschreiten des Reichweitenzuwachses während einer Belichtung, durch die ausgeklügelten Rechnungen des Programms, herausarbeiten. (Das ging nicht ganz problemlos, weil das Programm dafür nicht konzipiert war.) Wer mit den Ergebnissen nicht vertraut ist, wird sich von einigen Vorstellungen verabschieden müssen.

Die vielgepriesene Linearität digitaler Sensoren bedeutet bei längeren Belichtungen leider nicht, dass mit doppelter Belichtung die doppelte Reichweite einher geht (keine Halbierung des Rauschens!). Tatsächlich ist der Reichweitenzuwachs ein erstaunlich dynamisches Phänomen. Dies liegt hauptsächlich am großen Gegenspieler, der Helligkeit des Himmelshintergrundes und an den statistischen Schwankungen registrierter Photonen von schwächsten Quellen und Hintergrund.
Man kann 3 Phasen des Reichweitenzuwachses während einer Belichtung ableiten. Im ersten Moment einer Belichtung, nennen wir es Sofortreichweite, ist der Zuwachs tatsächlich nahezu exakt linear. Von 0,001 bis 1 Sekunde beispielsweise verbessert sich das Signal-zu-Rausch-Verhältnis explosionsartig nahezu um das 1000fache ≈ 7,5mag Zuwachs.

Danach wird der Reichweitengewinn zunehmend ausgebremst. Die Helligkeit des Himmelshintergrundes entfaltet mit ihrer Registrierung Wirkung. Die Kurve des Reichweitenzuwachses  stürzt ab. Diese Phase, nennen wir sie Kurzbelichtung, dauert 20 bis 30 Sekunden. An ihrem Ende hat sich die Kurve dem typisch quadratischen Gesetz der Signal-zu-Rausch-Theorie angeglichen. In erster Näherung ergibt sich danach das Signal-zu-Rausch-Verhältnis einfach ausgedrückt aus der Beziehung:

(Signal S zu Rauschen N – engl. noise) Als unterste Nachweisgrenze einer Quelle gilt  S/N = 3. Von da an heißt es viermal länger belichten, um das Signal-zu-Rausch-Verhältnis zu verdoppeln ≈ 0,7526mag Zuwachs. Um eine Größenklasse tiefer zu kommen, braucht man mindestens die 6,31fache Zeit, also das Quadrat des Intensitätsunterschiedes einer Größenklasse.
(Der Intensitätsunterschied einer Größenklasse ist definiert als In der Praxis aber eher die 7fache Zeit, kommen doch Auslese- und Dunkelstromrauschen noch hinzu. Für 2 Größenklassen muss man dann schon knapp die 40fache Zeit, in der Praxis eher die 50fache einplanen, weil  die Belichtungen gestückelt sind und sich Auslese- und Dunkelstromrauschen aufsummieren. Der Reichweitenzuwachs wird schnell zur lahmen Ente, mutiert zum Schneckentempo und marginalisiert schließlich zum Mikroskopischen! Bei Smart-Teleskopen kann man das direkt auf dem Smartphone mit verfolgen.
Eine Belichtungsverdopplung im Langzeitbereich bringt optimal einen Grenzgrößengewinn von 0,376mag und dabei spielt es keine Rolle, ob es um eine Verlängerung von 5 auf 10 Minuten oder von 50 auf 100 Stunden geht! Bei Letzterem ändern ein paar Nächte mehr oder weniger nahezu nichts! Aus der Sicht verbesserter Nachweisgrenzen von Quellen wird dann fast ausschließlich Rauschen gesammelt. Das "fast" ist der Zugewinn, dringt man doch bei Flächenhelligkeiten in Bereiche vor, die mehr als hundertmal schwächer sein können als der Himmelshintergrund. Die 0,376mag sind allerdings zu optimistisch, bleiben doch viele Faktoren unberücksichtigt, wie Auslese- und Dunkelstromrauschen, Seeing, Transparenz etc.. Alles Dinge für deren Auswirkung man keinerlei Gefühl hat.
Diese 0,376mag sind allein Ergebnis der Signal-zu-Rausch-Theorie in erster Näherung. Über diese Thematik kann man sich ausführlicher informieren unter [5].

Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand, dem diese Zusammenhänge klar sind, noch bereit ist, jahrelang immer wieder ein Objekt zu belichten. Höhere Abbildungsintensitäten machen so etwas überflüssig. Es liegen dennoch bewunderungswürdige Bildresultate vor und es ist jedem freigestellt, womit er seine Zeit verbringt. Vielleicht sollte man aber sinnvoller Weise das Anstreben extremer Flächenhelligkeiten Instrumentenbesitzern mit großem Öffnungsverhältnis überlassen. Aber auch damit bleibt es, nach obigem Gesetz, ein Anrennen gegen die Hintergrundhelligkeit. Linienfilter vermögen, bei der Fotografie von Emissionsnebeln, dieses  Störlicht weitgehend zu unterdrücken, liefern aber falsche Farben. Bei Galaxien kommen Filter eher ergänzend in Frage (z.B. zur Hervorhebung von Hα-Nebeln), weil ihr Licht das ganze Spektrum umfasst.

 

Warum Lichtlaufzeit und nicht Entfernung?

Der Begriff Entfernung ist im Alltagsdenken verwurzelt und der Wunsch ist groß, diesen auch in die tiefsten Tiefen des Kosmos zu übertragen. Selbst Fachleute benutzen ihn gelegentlich, auch im Zusammenhang mit hoch rotverschobenen Objekten. Eigentlich ist damit stets die Laufzeit des Lichts in Jahren gemeint. Wenn Sie dazu neigen, diese Lichtlaufzeit wie selbstverständlich als Entfernung in Lichtjahren zu verstehen, bedenken Sie bitte folgendes: In einem beschleunigt expandierenden Universum wird die Gleichsetzung von Lichtlaufzeit und Entfernung mit zunehmender Rotverschiebung immer absurder!
Die Lichtlaufzeit ist im Idealfall gleich der Strecke in Lichtjahren, die das Licht zu uns zurückgelegt hat. Dies ist aber weder die Entfernung des Objekts als das Licht auf Reisen ging, weder die heutige Entfernung, noch ist es die Zeit, die ein Lichtsignal jetzt dorthin bräuchte. Was soll also „Entfernung"  sein?  Nur in kosmologischer Nähe zu unserer Milchstraße (bis ca. z = 0,1, Lichtlaufzeit etwa 1,2 Milliarden Jahre) ist diese volksnahe Sichtweise, in Anbetracht der Unsicherheiten, halbwegs hinnehmbar.

                                                                                                                                                                                                 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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